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09.11.2015 | Pressemitteilung

AWO fordert Nachbesserungen bei Vergaberechtsreform

Von: Stefan Hoffmann

 

Die Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen ist von einer derart starken Abhängigkeit der Bieter von den Auftraggebern geprägt, dass sie faktisch einem Nachfragemonopol gleichkommt. Vor allem die Bereiche berufliche Bildung, Übergang-Schule-Beruf und Beschäftigung/Qualifizierung sind davon betroffen. Resultat ist ein zum Teil ruinöser Preiswettbewerb. „Mit der aktuellen Reform der öffentlichen Auftragsvergabe haben wir nun die Möglichkeit bei der Vergabe neben dem Preis, soziale, ökologische und innovative Ziele zu berücksichtigen. Diese Chance soziale Kriterien durchsetzen zu können, müssen wir jetzt nutzten", fordert der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler anlässlich der heutigen Öffentlichen Anhörung zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages.
Bisher sei die Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien im Gesetzentwurf der Bundesregierung an vielen Stellen nur unzureichend erfolgt. Besonders zur Qualität sozialer Dienstleistungen enthält die EU-Richtlinie eine klare Vorgabe, die sich bislang weder im Vergaberechtsmodernisierungsgesetz noch im Entwurf einer neuen Vergabeverordnung wiederfindet. So müssen im Vergabeverfahren für soziale Dienstleistungen Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien unter Sicherstellung der Bedürfnisse verschiedener Nutzerkategorien, einschließlich benachteiligter und schutzbedürftiger Gruppen. An einer solchen Vorgabe fehlt es im Gesetzentwurf. Gerade die im Bereich der Arbeitsmarktdienstleistungen immer wieder herangezogene sog. Integrationsquote erscheint viel zu eindimensional um Qualität und Nachhaltigkeit abzubilden. Sie ist wegen unterschiedlicher Arbeitsmärkte überregional nicht vergleichbar und vom sozialen Dienstleister nur begrenzt zu beeinflussen. „Hier gilt es dringend nachzubessern“, bekräftigt Stadler.
„Auch hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Vergaberechts erwarten wir noch mehr Trennschärfe“, so Stadler weiter. Dies bezieht sich vor allem auf den missverständlichen Begriff des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses. Ebenfalls kritisch sieht die AWO, dass die Besonderheiten für die Beauftragung sozialer Dienstleistungen erst ab einem Schwellenwert von 750.000 EUR gelten sollen. Dieser hohe Auftragswert wird in der Praxis selten erreicht. Für den Bereich der sozialen Dienstleistungen müsse deshalb gesichert sein, dass für Beschaffungen unterhalb des Schwellenwertes die gleichen Regelungen gelten.
Hintergrundinformationen
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Vergaberechts (kurz: Vergabemodernisierungsgesetz – VergModG) setzt die wesentlichen Vorgaben der Europäischen Vergaberichtlinien 2014 in deutsches Recht um. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgt entlang der Eckpunkte der Bundesregierung zur Modernisierung des Vergaberechts vom 7. Januar 2015 zunächst im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Neben dem in der parlamentarischen Beratung befindlichen Vergaberechtsreformgesetz wurde vor Kurzem auch ein Diskussionsentwurf zur Neufassung der Vergabeverordnung (VgV) veröffentlicht. Diesen hat der AWO Bundesverband gemeinsam mit einem breiten Bündnis bestehend aus den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege, den Gewerkschaften, den Berufsbildungsträgern und dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. kommentiert und einen eigenen Absatz zur Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen gefordert, der die in der Qualitätssicherung etablierten Kriterien Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität abbildet.

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