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100 Jahre AWO – 50 Jahre Jugendwerk – Die Ferienarbeit von Jugendwerk und AWO im Wandel der Zeit

Von: Marcus Mesch, Rita Schmidt

 

Der Beginn der Ferienarbeit in der AWO

Bereits seit der Gründung 1919 nimmt die Förderung von Kindern und Jugendlichen einen wichtigen Stellenwert in der Arbeit der AWO ein.  Die Ferienbetreuung in der direkten Nachkriegszeit, sowohl 1919 als auch 1945, widmete sich in erster Linie der Gesundheitsförderung, die Gewichtszunahme der vielfach unterernährten Kinder galt als Erfolgskriterium. In Kooperation mit den Naturfreunden, den Kinderfreunden, der SAJ, nach 1945 mit den Falken, galt es aber gleichsam, die Kinder und Jugendlichen zu politisieren und im Anschluss an die Tages-, Wochenend- oder Ferienfahrten in das sozialdemokratische Organisationsgeflecht einzubinden. Der politisch-pädagogische Schwerpunkt der Kinder- und Jugendarbeit, und insbesondere der Schwerpunkt der Ferienfahrten, lag auf dem Erleben eines demokratisch-sozialistischen Gemeinschaftssinns und der Entwicklung zu mündigen Menschen.

Nach 1945 war Ferienarbeit mit Kindern und Jugendlichen neben der Altenarbeit und Pflege das wichtigste ehrenamtliche Wirkungsfeld innerhalb der Arbeiterwohlfahrt. Resultierte das Engagement im Altenbereich maßgeblich aus der Altersstruktur der Mitglieder, so war die Ferienarbeit werbewirksam und nachwuchsorientiert. Viele junge Menschen konnten als Teilnehmer*innen oder ehrenamtliche Helfer*innen geworben und eingebunden werden. Auch die auf diesen Maßnahmen aufbauende Kinder- und Jugendgruppenarbeit entwickelte und etablierte sich. Die Zusammenarbeit mit den Falken misslang insoweit, als dass es unzureichend gelang, die Kinder und Jugendlichen in die Organisationsstruktur der Falken einzubinden. Im Vergleich zu den Falken trug die Kinder- und Jugendarbeit der AWO weit weniger zur Politisierung bei. Ziel war die Gestaltung pädagogisch sinnvoller Angebote. Es galt gemeinsam zu musizieren, zu basteln, aber auch Spenden für die AWO zu sammeln.

Da sich die Kinder- und Jugendarbeit der AWO in den 1950er und 1960er Jahren als überaus erfolgreich erwies, die Anzahl der Kinder- und Jugendgruppen zunahm, wurde deren Ausbau auch im Rahmen der Reichs- und Bundeskonferenzen der AWO beschlossen. 1969 verabschiedeten die Delegierten der Bundeskonferenz der AWO eine erste Satzung für die bestehenden Kinder- und Jugendgruppen. Es galt, die Kinder- und Jugendarbeit zu vereinheitlichen. Dies sollte fortan unter der Bezeichnung „Jugendwerk der AWO“ erfolgen. Die Eigenständigkeit als Kinder- und Jugendverband wurde allerdings erst durch einen AWO Konferenzbeschluss 1977 erreicht. Als eigenständiger Kinder- und Jugendverband konnten sich die Gruppen ab 1977 formieren. Im Mai 1977 fand das erste Bundestreffen in Grünberg statt und mit der ersten Bundeskonferenz des Jugendwerkes im September 1978 in Bonn-Bad Godesberg wurde der entscheidende Schritt der Verbandsgründung vollzogen.  

Der Ausbau der Ferienarbeit im Jugendwerk

Die Gründung des Jugendwerkes kann als das Ergebnis einer politisch-pädagogischen Bewegung innerhalb der Arbeiterwohlfahrt beschrieben werden. In der Folge der politischen und pädagogischen Bewegungen, der 1968er, auch beeinflusst durch die Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt mehr Demokratie wagen zu wollen, wandelte sich in den 1970er Jahren das Verständnis von Pädagogik. Autoritäre, „schwarze Pädagogik“ wurde als den Faschismus mit verursachend abgelehnt. Die demokratische Erziehung und Chancengleichheit  rückte verstärkt in den Mittelpunkt. Die Entwicklung beeinflusste auch das Verständnis von demokratischer Selbstorganisation innerhalb der AWO und motivierte Haupt- und Ehrenamtliche innerhalb der AWO, die Gründung eines eigenständigen Jugendverbandes voranzutreiben.

Da sich der Verband regional sehr unterschiedlich entwickelte, gelang es erst auf der Bundeskonferenz im Jahr 2000 ein Grundsatzprogramm zu verabschieden. Der vorangegangene, bundesweite Diskussionsprozess, die intensive Auseinandersetzung von haupt- und ehrenamtlichen Jugendwerker*innen mit den Werten und Zielen der politischen und/oder pädagogischen Arbeit im Rahmen von Ferienfahrten, Gruppenarbeiten, Seminaren, internationalen Begegnungen etc. mündeten in der Verabschiedung des pädagogischen Konzepts 2004 auf der Bundesjugendwerkskonferenz. Mit dem Grundsatzprogramm und dem pädagogischen Konzept definierte das Jugendwerk sein politisch-pädagogisches Selbstverständnis, welches fortwährend weiterentwickelt wurde und wird.

Das Erleben von Demokratie und Selbstwirksamkeit, das Praktizieren von sozialem Verhalten, Zusammenhalt und Kooperation und der respektvolle Umgang miteinander auf Augenhöhe – all das sind die zentralen Werte der pädagogischen Arbeit des Jugendwerks.

Darüber hinaus sind die Schaffung von konsumfreien „Freiräumen“, die Rücksicht auf geschlechtsspezifische Eigenheiten und Bedürfnisse, der nachhaltige Umgang mit Ressourcen, eine echte Akzeptanz und Toleranz von Fremdem und Unbekanntem sowie die Schaffung eines Bewusstseins für Mensch, Tier und Natur weitere wichtige Ziele des pädagogischen Konzepts.

Mit dem pädagogischen Konzept wurde eine verbandsweite einheitliche Grundlage zur Ausbildung von Teamer*innen und Betreuer*innen für die Kinder- und Jugendarbeit im Jugendwerk geschaffen.

Aktuelle Entwicklungen

Um diese Qualität nach innen wie nach außen sichtbar zu machen, wurden unter großer Beteiligung von ehren- und hauptamtlich Aktiven des Jugendwerks die Qualitätsstandards „JEDERZEIT WIEDER – Qualität der pädagogischen Ferienfahrten von Jugendwerk und AWO“ entwickelt. Diese wurden 2010 - und nach einer weiteren Überarbeitung 2016 - von der Bundesjugendwerkskonferenz beschlossen. Damit gab sich das Jugendwerk eine ambitionierte Richtschnur zur pädagogischen und organisatorischen Gestaltung seiner Ferienangebote sowie für die Ausbildung seiner Teamenden und die Maßnahmenevaluation. Von der AWO-Bundeskonferenz wurde JEDERZEIT WIEDER 2016 ebenfalls beschlossen. Damit verpflichten sich nun Jugend- und Mutterverband zu einer gemeinsamen Qualitätssicherung und -entwicklung. Eine gegenseitige, kollegiale Unterstützung bildet das Fundament dieser Arbeit. Die Federführung und Prozessteuerung hierfür hat das Bundesjugendwerk als Dachorganisation des Jugendwerks.

Die Qualitätsstandards sollen für Teamer*innen, Teilnehmer*innen und Eltern gleichermaßen transparent und überprüfbar sein. Um auch nach außen sichtbar zu machen, wer in Jugendwerk und AWO die hohen Qualitätsanforderungen erfüllt, soll in Zukunft ein verbandsinternes Qualitätssiegel eingeführt und die Vergabe regelmäßig überprüft werden. Die Entwicklung der Prüfkriterien und des gesamten QM-Prozesses wird seit 2017 in enger Zusammenarbeit mit dem AWO Bundesverband vorangetrieben. Ende 2019/Anfang 2020 wird es voraussichtlich die ersten Audits mit selbst ausgebildeten Auditor*innen geben.

Seit Ende 2017 gibt es eine bundesweite, digitale Plattform der Ferien- und Bildungsangebote im Jugendwerk der AWO: www.jugendwerk-awo-reisen.de. Schaut doch mal rein, es ist für jede*n etwas dabei!

Das Jugendwerk definiert sein politisches Selbstverständnis vor dem Hintergrund der Arbeiter*innenbewegung und steht somit in der Tradition einer politischen Bewegung, die einst angetreten war „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx)

Die Ausbeutung von Mensch und Natur, Klimawandel, Flüchtlingselend, die neue Soziale Frage und Populismus machen u.a. deutlich, dass das Jugendwerk als politische Kraft wichtig ist und sich die Qualität der pädagogischen Arbeit insbesondere daran bemisst, ob es gelingt, Menschen zu politisieren und zu organisieren, um für eine bessere Welt zu streiten.

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